Mit Gewalt gegen Gewalt?

von | Jun 21, 2017

Über 80 Personen folgten einer Einladung des Theologischen Seminars Bienenberg zur Tagung: „Mit Gewalt gegen Gewalt?“ Eine „salomonische Gesprächsrunde“ nach Referaten und Diskussionen machte eins deutlich: Es braucht Weisheit, um nicht in Polarisierungen oder ideologischen Grabenkämpfen steckenzubleiben.

„Wir bleiben eh nur kurze Zeit hier“, dachten die Juden, als sie vor vielen Jahrhunderten, aus Jerusalem vertrieben, im Exil ankamen. Sie packten ihre Koffer erst gar nicht aus. Gott hatte aber einen anderen Plan. Er wollte, dass sie bleiben und der Stadt Bestes suchen.(Jer.29) In einer Verhältnisbestimmung von Kirche und Gesellschaft innerhalb einer Tagung zum Thema „Mit Gewalt gegen Gewalt?“ befragte Hanspeter Jecker, Dozent und Theologe am Theologischen Seminar Bienenberg (TSB) zunächst selbstkritisch eigene täuferische Traditionen, die aktuelles politisches Handeln prägen. Sind sie Weltflüchtige oder bleiben sie? Als „respektabel, aber irrelevant“ habe etwa der Theologe H. Richard Niebuhr die täuferische Gemeinschaft bezeichnet (1952). In einer Haltung von „Christus kontra Kultur“ hat dieser verschiedene Attribute für sie ausgemacht, darunter die Zurückweisung der Welt als böse, oder den Rückzug in die Gemeinde der wahren Gläubigen. Hanspeter Jecker stellt ergänzend dazu 19 Aspekte eines friedenskirchlichen Gemeindeverständnisses zur Diskussion. Darunter ist Kirche Gemeinschaft der Nachfolge: „Dort wird tatsächlich etwas sichtbar von der Neues schaffenden und verändernden Kraft Gottes!“ so Jecker. „Kirche ist frei-kirchlich und obrigkeitsunabhängig. Oberste Loyalität gelten Christus und seinem Reich,“ betonte er weiter. Und: „ Kirche ist Gemeinschaft der fortdauernden Präsenz Gottes in der Welt. Kirche ist solidarische Gemeinschaft.“

Für konkretes Handeln braucht es keinen besonderen Ruf

Mit den Tragödien in Ruanda (1994), Srebrenica (1995) oder im Kosovo (1999) haben die UNO, die EU und das ÖRK 2005 ein „Drei Schritte Programm“ unter dem Stichwort „Schutzverantwortung oder R2P „Responsibilty to protect“ formuliert: Prävention, Intervention, Wiederaufbau. In den öffentlichen Diskussionen werde häufig argumentiert, dass nur der Verantwortung übernehme, der unter Einsatz von Waffen tätig werde, so Jecker. Langfristiges und engagiertes Handeln in den Stufen 1 und 3 sei jedoch nachhaltig als auch kostspielig. Es gehe über bloßes Zuschauen und passives Nichtstun weit hinaus. „Wenn wir als Gemeinde glaubwürdig sein wollen, dann müssen wir in den Bereichen Prävention und Wiederaufbau intensiver und konkreter anpacken: Zivildienst, Gemeinschaftsdienst, Freiwilligendienst. „Es darf für solche Dienste nicht länger einen besonderen Ruf brauchen, um sie wenigstens eine Zeitlang zu tun, sondern eine sehr gute Erklärung, sie nicht zu tun,“ so Jecker.

Dem Bösen widerstehen – wie kann man das tun?

Aus Amman/Jordanien eingeflogen waren Gordon und Carolyne Epp-Fransen, Mitarbeiter des „Mennonite Central Committee“ (MCC) und berichteten von aktuellen Handlungsansätzen zwischen Prävention und Wiederaufbau im Irak. Jakob Fehr, Mitarbeiter des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees (DMF) teilte Erfahrungen von Christian Peace Maker Teams (CPT), darunter aus Flüchtlingscamps auf der Insel Lesbos. Peter Rickhaus, Leiter des Täuferischen Forums für Gerechtigkeit mahnte, für die Mitglieder der Kirche Ekklesiyar Yan’uwa a Nigeria (EYN) zu beten. Sie ist mit über 100‘000 Mitgliedern die größte Gruppierung innerhalb der weltweiten „Church of the Brethren.“ „Die Terroranschläge in Frankreich haben die ganze westliche Welt bewegt. Wenig erwähnt wurde dabei, dass dieser Albtraum in Nigeria alltägliche Realität ist“, so Rickhaus.

www.bienenberg.ch Aus: mennonews vom 04.03.2015